Berlin ohne Maske

Letzte Woche war ich mit meiner Familie in Berlin, drei Tage, von Dienstag bis Donnerstag. Die große Demo am Samstag haben wir also nicht mehr mitbekommen. Leider. Aber es ließ sich nicht anders machen. Trotzdem war Berlin – wieder einmal – eine Reise wert. Zumal wir in der alten Reichshauptstadt einige aufschlussreiche Beobachtungen anstellen konnten.

Unsere beiden Kinder (9 und 12) waren ständig auf der Suche nach Kuhlewu und damit komplett ausgelastet. Die dilettantischen Versuche der Eltern, eine kindgerechte Stadtführung zu veranstalten, liefen ins Leere. Wo auch immer wir uns aufhielten oder vorbeizogen – Alex, Museumsinsel, Gendarmenmarkt, Lindenallee, Friedrichstraße, Reichstag –, das Interesse der Kinder hielt sich in engen Grenzen. Lediglich das Brandenburger Tor und das russische Botschaftsgebäude (!) erfreuten sich einer gewissen Aufmerksamkeit.

Wir trieben uns auch in Gegenden herum, die touristisch weniger attraktiv sind. Neukölln zum Beispiel, wo wir am zweiten Tag mehrere Stunden verbrachten. Warum ich das erzähle? Da muss ich etwas ausholen. Es hat mit meiner Frisur zu tun und mit meinem letzten Friseurbesuch. Der war am 4. Mai. An jenem Tag durfte der Salon meines Herzens (in Kassel) endlich wieder öffnen. Es war auch höchste Zeit – für den Salon sowieso, aber auch für mich, weil ich über meine Wolle kaum noch Herr wurde.

Die Inhaberin des Salons, die ich seit vielen Jahren kenne und sehr schätze, begrüßte mich gleich an der Eingangstür:

„Hallo Uli, es tut mir leid, aber bevor Du Dich hinsetzt, guck mal hier: Du musst Deine Hände desinfizieren. Und ja, Uli, Du musst ne Maske tragen. Wirklich, sonst machen die meinen Laden wieder dicht. Bitte, Uli! Ich weiß, was Du denkst, ich weiß es genau. Ich denke das Gleiche, ich bin ganz Deiner Meinung. Aber bitte, Uli, tu mir den Gefallen. Uli, unter uns: Wenn der Lockdown noch zwei oder drei Wochen angedauert hätte, wäre ich am Ende gewesen. Also komm, spring über Deinen Schatten, mir zuliebe.“

Das habe ich dann tatsächlich gemacht. Aber wirklich nur ihr zuliebe. Unterhalten konnte ich mich mit meiner Friseurin nicht (wegen der maskenbedingt gedämpften Akustik). Sie hatte auch permanent Schwierigkeiten beim Schneiden (wegen beschlagener Brille).

Nach diesem Erlebnis stand mein Entschluss fest: Bevor ich diesen Mist nochmal mitmache, lasse ich lieber meine Haare wachsen. Seit dem 4. Mai sind sie also gewachsen. Und dafür wurde ich sogar gelobt. „Sieht eigentlich besser aus als vorher. Viel struppiger. Cool.“ Naja, eine Geschmacksfrage. Ich selbst beobachtete zuletzt einen gewissen Wildwuchs, der mir Sorgen bereitete. Das Ganze geriet unverkennbar außer Kontrolle. Was tun? Ob ich wohl meine Frau überreden könnte, ihr Glück als Friseurin zu versuchen? Normalerweise bin ich kein sonderlich risikofreudiger Mensch.

Und damit zurück nach Neukölln. Wir schlenderten eine sehr belebte Einkaufsstraße entlang, als meine Frau plötzlich rief:

„Hier, Uli, guck mal! Der macht’s ohne!“

„Wer macht was ohne?!“

„Hier der Friseur, der macht’s ohne!“

„Ohne was?“

„Ohne Maske! Der macht’s ohne Maske! Willst Du da nicht mal reingehen?“

Erst mal guckte ich rein. Und in der Tat: Drei Friseure (die irgendwie nicht-deutsch aussahen), drei Kunden (die irgendwie deutsch aussahen) –  und alle ohne Maske!

„Können Sie mir spontan die Haare schneiden?“

„Klar.“

„Wie lange muss ich warten?“

„Halbe Stunde, da hinten können Sie sich setzen.“

Es dauerte nicht mal eine Viertelstunde, dann ging’s mit dem Schneiden schon los, genau nach meinen Wünschen, perfekt. Hier und da ein wenig geordnet, da und dort ein paar Spitzen weggeschnippelt.

„So, jetzt können die Haare weiter wachsen. Kämmen Sie einfach nach hinten. Sieht gut aus.“

Das alles zu einem ungemein günstigen Preis.

„Darf ich Ihnen noch ein bisschen Wachs oder Gel reinmachen? Und das hier auch? Spüren Sie, wie schön das kühlt? Brennt ein bisschen, oder? Tut aber gut. Erfrischt!“

Es war wie in den guten, alten Zeiten. Überhaupt hat uns während des Berlin-Besuchs gewundert, mit welcher Selbstverständlichkeit manche Leute den Maßnahmenstaat unterlaufen. In den Restaurants und Cafés zum Beispiel. Nirgendwo hat man uns genötigt, uns in eine Gästeliste einzutragen. Keinerlei „Anwesenheitsdokumentation“. Dürfen die das?

Die Reise nach Berlin war für mich auch insofern eine Besonderheit, als ich normalerweise kaum unter Leute komme. Schon seit über zwei Jahrzehnten lebe ich im Homeoffice. Jetzt in Berlin ergab sich für mich endlich mal die Gelegenheit, der Sache mit den Alltagsmasken auf den Grund zu gehen. Nein, keine Bange, ich will hier nicht wieder die Debatte über Sinn und Unsinn der Maskenpflicht aufwärmen.

Es geht mir um etwas Anderes: Wenn über die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit von Masken debattiert wird, dann scheint es immer nur um eine richtig gute, vorbildliche, medizinisch wertvolle Maske zu gehen, die von ihrem Träger obendrein absolut vorschriftsmäßig eingesetzt und behandelt wird. Ich konnte aber in Berlin leider nichts dergleichen beobachten – was mich nachhaltig desillusioniert hat.

Die meisten Leute tragen nämlich gar keine echten Masken, sondern irgendwelche selbstfabrizierten, seit Tagen nicht mehr gesäuberten und demzufolge total versifften Lappen. Wenn sie aus den Läden kommen, schieben sie ihre Lappen oder Masken aufs Kinn oder darunter. Oder sie ziehen sie ganz aus, lassen sie aus purer Langeweile oder aus Angeberei gekonnt um ihren rechten oder linken Mittelfinger kreisen (wie einst die Revolverhelden des Wilden Westens ihr Schießgerät). Oder sie stretchen sie bis zum Gehtnichtmehr, um sie dann zurückflutschen zu lassen (meines Erachtens die mit Abstand effektivste Methode der Virusverbreitung).

Oft lassen sie die Maske auch auf den Dreckboden fallen, heben sie wieder auf und legen sie dann auf den Restauranttisch, an dem eine halbe Stunde später andere Gäste sitzen, ohne dass der Tisch vorher desinfiziert worden wäre. Dass angesichts dieser Zustände noch keine zweite Welle über uns hereingebrochen ist, zeigt mir, über welch robustes Immunsystem die meisten Bewohner unseres Landes verfügen müssen.

Kurzum, mein Berlin-Besuch hat mich davon überzeugt, dass die Masken eine unglaubliche, ekelerregende Sauerei sind, die Anti-Hygiene schlechthin. Was ihre Träger betrifft, so kann man in vielen Fällen in einem wohldefinierten Sinn von „Maskenschweinen“ sprechen. Wohldefiniert insofern, als es das Maskenschwein tatsächlich gibt. Es sieht ziemlich hässlich aus und kann einem eigentlich ein bisschen leidtun. Es kommt übrigens aus China, was aber vermutlich reiner Zufall ist.

3 Kommentare zu „Berlin ohne Maske

  1. Dem zufolge, immerhin ist Berlin eine Millionenstadt und stellenweise die dichtest besiedelte, müsste Berlin total voll von explosionsartiger Verbreitung, Neuinfektionen also, sein. Ebenso die gehasste Demo müsste dafür gesorgt haben.
    Aber … ist nicht. Keine totale Ausgangssperre, kein Ansteigen von Neuinfektionen in kritischen Bereich, keine massigen Hotspots.
    Offensichtlich hat der Virus in Berlin Hausverbot, schließlich wohnt da unsere Regierung, und, Überraschung, er befolgt auch das Hausverbot. Hotspots nur weit weg von Berlin. Na denn…

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  2. Und sehr schön die Doppelmoral unserer Politiker.

    Hier gibt es ein unfassbares Video, das deren Verhalten zeigt – sowie auch den Zweck der Masken:

    „Fundstück: Maskenpflicht – Wozu dient die Maske?“
    https://www.konjunktion.info/2020/08/fundstueck-maskenpflicht-wozu-dient-die-maske/

    Mit dabei …

    – Frank-Walter Steinmeier
    – Sebastian Kurz
    – Mike Pence
    – Donald Trump
    – Michael Kretschmer
    – Bodo Ramelow
    – Christian Lindner
    – Angela Merkel

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  3. Das hat auch mit Risikomanagement zu tun: türkische Friseure flammen am Ende eines Haarschnitts gern die aus den Ohren und Nase sprießenden Haare ab mit einem in Brennspiritus getauchten an der Spitze entflammbaren Drahtbürstchen:

    Ganz zu schweigen von der feurigen Styling-Technik dieses arabischen Coiffeurs:

    Das angeschmolzene Gummibändchen einer Maske birgt Risiken, wenn es zusammenschnurrt oder auch in Flammen steht. Die Nase muss dazu notwendig unbedeckt bleiben. Deshalb: besser zur Vorsorge gegen derlei abwendbare Risiken und den vollen Erfolg: sicherer ist einfach ohne Maske.

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