Rudolf Binding, einst Kultautor des konservativen deutschen Bürgertums, war ein Dichter des Untergangs
2017 jährt sich der 150. Geburtstag des Schriftstellers Rudolf Binding, 2018 sein 80. Todestag.
Als ich vor zehn Jahren für den SWR an einem Binding-Feature arbeitete, schien es mir, als befasse ich mich mit einem abgeschlossenen Thema, das nur noch historisches Interesse beanspruchen könne. Vor einigen Tagen, beim Wiederhören des Features nach langer Zeit, sind mir zu meiner Überraschung zahlreiche aktuelle Bezüge aufgefallen.
Woran liegt das? Liegt es daran, dass sich Deutschland und die Welt in den vergangenen zehn Jahren tiefgreifend verändert haben? Und dass Konstellationen, die das Leben Bindings bestimmt haben, wieder an die Oberfläche treten?
Die Novelle Moselfahrt aus Liebeskummer, erstmals 1932 erschienen, war einer von Rudolf Bindings größten literarischen Erfolgen. Obwohl der Ruhm des Autors längst verblasst ist, gilt diese Erzählung bis heute als „literarischer Botschafter“ der Mosel: ein liebenswürdig-charmantes, nach Art eines Reisefeuilletons verfasstes Portrait einer großen europäischen Kulturlandschaft, kunstvoll verwoben mit einer bittersüßen Romanze.
Nur ein Jahr nach der Moselfahrt zeigt sich Rudolf Binding von einer weniger einnehmenden Seite. In seiner Antwort eines Deutschen an die Welt ergreift er entschieden Partei für die gerade an die Macht gelangten Nationalsozialisten.
Wer war dieser Mann, der zwischen den beiden Weltkriegen zum „Kultautor“ avancierte und dem bürgerlichen Lesepublikum als der „deutsche Dichter“ par excellence galt? Der sich stets dem Ideal des vollendeten Gentleman verpflichtet wusste und dessen Erscheinung von seinen zahlreichen Bewunderern schon zu Lebzeiten ins Mythenhafte überhöht wurde? Eine literarisch-biografische Reise: entlang der Mosel – und abseits von ihr.
Moselfahrt aus Liebeskummer. Der Schriftsteller Rudolf G. Binding. Sprecher: Brigitte Goebel, Matthias Ponnier, Bodo Primus, Martin Ruthenberg, Ton und Technik: Johanna Fegert, Regine Schneider, Regie: Michael Utz, Redaktion: Franziska Kottmann, Produktion: SWR 2008